von
Charly Zimmermann

Reisezeit
September 2006

Teilnehmer
Charly Zimmermann

Great White Shark

Anfang September ging ein Traum für mich in Erfüllung:

Ich konnte den “Großen Weißen Hai” in seiner natürlichen Umgebung aus nächster Nähe beobachten. Diese Begegnungen waren für mich ‘taucherische’ Höhepunkte meiner rund 500 Tauchgänge.

Dieser Traum wurde u.a. vom 1974 gekauftem Buch “Haie – Herrliche Räuber der Meere” von Jacques und Philippe Cousteau sowie auch von Dr. Erich Ritter ausgelöst, den ich bei zwei einwöchigen Kursen (workshop for shark behavior) der “Sharkschool” auf den Bahmas sowie auf einem Vortrag in Zwiesel kennen und schätzen lernte.

Aber nun der Reihenfolge nach
Ausgangspunkt für meine Reise im August 2006 war ein Treffen mit meiner Tochter, die schon ein halbes Jahr in Australien verbrachte, und eine sich anschließende knapp dreiwöchige Reise mit ihr mit einem Camper-Bus quer durch mehrere Nationalparks in Nord- und Südaustralien. Die Eindrücke waren überwältigend:. Grandiose Landschaften – vom Tropenwald übers Outback, Salzseen bis hin zur Wüste.Faszinierende Tiere in freier Natur, u.a. Salz- und Süßwasserkrokodile, Emus, Känguruhs und Schlangen erfreuten ebenso wie mehrstündige Walbeobachtungen aus ca. 50m Entfernung – wobei anzumerken ist, dass sich Schiffe aufgrund australischer Tierschutzbestimmungen nur bis auf 300m den Walen nähern dürfen.

“Hai”light aber war für mich der dreitägige Schiffstörn zum „Großen Weißen Hai“ mit der “Vessel” von Rodney Fox. Rodney wurde 1963 von einem weißen Hai schwer verletzt und überlebte nur dank einiger glücklicher Umstände. Die Bilder seiner Verletzungen (sie sind auch auf seiner Homepage -www.rodneyfox.com.au- zu sehen) gingen um die ganze Welt – er widmet sich seit seiner damaligen Genesung dem Schutz und der Erhaltung dieses großartigen und faszinierden Räubers der Meere.

Nach einem ca. 45-minütigen Flug von Adelaide nach Port Linclon wurde ich am Flughafen von Pato, einem Crewmitglied mit ‚Kochgenehmigung‘ am Flughafen abgeholt und zum Schiff, der Princess II, gebracht. Den späten Nachmittag und den Abend verbrachten wir an Bord des komfortablen Schiffes mit dem ‚Kennenlernen‘ aller Crewmitglieder und der übrigen Teilnehmer (u.a. 2 Deutsche, 1 Österreicher, einige Briten, Amerikaner, Australier, …)

Am frühen Morgen ging die Fahrt bei ruhiger See ca. 4 Stunden zu den Neptun Islands.

Neptun Island besteht aus einer kleinen und einer größeren, jeweils kargen, kaum bewachsenen Felseninsel, auf denen Seehunde und Seelöwen ihr Zuhause haben.

Während der letzten Fahrtstunde wurde über einen Schlauch bereits Wasser in einen Eimer mit gefrorenem Spezialinhalt (“Fischblutsuppe”) geleitet. Der “Überlauf” wurde dann ins Meer abgeleitet und damit eine Spur für die Haie gelegt.

Nach dem Ankern (im ‘Windschatten’ der Inseln) starrten alle ins Wasser und warteten auf den ersten “Großen Weißen”.

Die Unkerei von einigen – “ob wir da heute noch einen sehen werden?” – wurde aber bereits nach nicht einmal einer viertel Stunde unterbrochen von meinem Ausruf: ”Da ist doch einer”!

Und tatsächlich: Zuerst nur als Schatten im Wasser, dann aber bald auch an der Rückenflosse(hier einer mit Markierung) über Wasser sichtbar war es sicher: Unser erster „Weißer Hai“ war da. Alle konnten es dann kaum mehr erwarten, in den Schutzkäfig zu steigen und den “Großen Weißen” unter Wasser erleben zu dürfen.

Nach einer entsprechenden Einweisung mit Regeln für das Tauchen im “Surfacecage” und im “Bottomcage” wurde der Surfacecage” , also der Käfig an der Oberfläche, ins Wasser gelassen. Von den mitgebrachten ca. 1m großen Thunas wurde eine ca. 20cm dicke Scheibe geschnitten und an einem ca. 1cm dicken Nylonseil befestigt (auf dem Bild hier von Rodney). Andrew (Rodneys Sohn) oder Johnsy (Crewmitglied) warfen den Köder dann vom Boot weg weit ins Wasser und warteten darauf, dass der “Große Weiße” sich diesen Happen holen würde. Nach kurzer Zeit bereits tauchte, meist auch später oft schräg von unten kommend, der erste “Große Weiße” auf und wollte den Köder fressen. Der aber wurde mit dem Seil vor seiner Nase zum Boot gezogen, so dass der Hai in unmittelbare Nähe zum Boot und damit zum daran befestigten Käfig kam. Alle wollten natürlich zuerst in den Käfig. Nach kurzer Zeit konnten die ersten vier Taucher (darunter auch ich), ohne Flossen (sehr ungewohnt), dafür aber mit wesentlich mehr Blei als üblich (für einen sicheren Stand), in den „Surfacecage“ springen bzw. gleiten.

Für alle im Käfig war es ein überwältigendes Erlebnis. Von mir und den meisten Teilnehmern wurde das dabei herrschende Gefühl als angstfrei und extrem faszinierend, als fast unwirklich beschrieben. Selbstverständlich waren wir uns alle bewußt, dass wir dabei ein großartiges Raubtier und kein “Schoßtier” beobachteten und uns der Käfig letztendlich dieses Gefühl der Sicherheit gab.

Obwohl die Sicht an diesem Tag sehr gut ist, taucht “ER” – über 4m lang, ein Muskelpaket mit stromlinigem Körper- plötzlich “aus dem Nichts” auf und gleitet majestätisch, elegant und scheinbar mühelos auf mich zu. Kurz vor dem Käfig dann: Ein, zwei stärkere Flossenschläge, das Maul weit aufgerissen versucht er, den Köder zu schnappen und schießt dabei knapp am Käfig vorbei. Für mich bleibt keine Zeit, überhaupt Angst zu empfinden, so stark ist die Faszination, die von diesem Räuber der Meere ausgeht.

Aber selbst beim Anblick derartiger Angriffe (zur Beute) kommt nie das Gefühl auf, es hier mit dieser oft beschriebenen und auch vom Film bekannten “Bestie” zu tun zu haben. Alle Bewegungen sind ohne Hektik und wirken sehr gelassen und zielgerichtet.

Immer wieder werden die Thunastücke ins Wasser geschmissen und vor dem nahenden Hai zum Boot gezogen. “Er” umkreist in weiten Bögen, oft auch außer Sichtweite, das Boot. Manchmal beschleunigt er dann mit wenigen Flossenschlägen zum Köder hin, Dabei wird dann das Wasser manchmal schon gehörig ‘gepeitscht’. Wenn er einen Happen ergattert, durchtrennt er ohne Probleme mit seinen rasiermesserscharfen Zähnen das Nylonseil.

Der “Große Weiße” verhält sich nach meinen Beobachtungen ähnlich wie alle anderen Haie:

Er nähert sich überaus vorsichtig dem Köder und ist dabei keinesfalls aggressiv (auch wenn mehrere “Weiße” anwesend waren – gleichzeitig hatten wir maximal 3, eventuell auch 4 Tiere).

Der Unterschied zu den “Kleineren” (Weißspitzenriffhaie, Graue, Riffhaie, …):

Seine Dominanz ist extrem – nicht nur aufgrund seiner kaum vorstellbaren Größe.

Wenn er angreift, scheint er kaum mehr stoppbar – vergleichbar einem Zug oder Ozeanriesen, der in Fahrt ist.

Trotz dieser Faszination treibt die meisten ‘Taucher’ dann die Kälte (15°C Wassertemperatur – ich als einziger mit Trocki!), manche aber auch der Aufruf(meist nach ca. 30Minuten) , die nächste Gruppe in den Käfig zu lassen, wieder an Bord.

Dort gibt es nur EIN Thema: Wie war DEIN Erlebnis und welche Bilder hast DU geschossen – und: “Wann darf ICH wieder in den Käfig?”

Am zweiten Tag, leider mit etwas bewölktem Himmel, machten wir einen mehrstündigen Abstecher zu der kleineren Neptun-Insel, wo wir ‘hautnah’ die dort lebenden Robben und die Schönheit der Insel beobachten konnten. Man kann dabei den Tieren dabei so nah kommen, wie man es von Filmen über Galapagos kennt, wobei man die Bullen allerdings schon allein aufgrund Ihrer Größe weiträumig umgeht.

Fazit für alle Teilnehmer: Ein faszinierender Abstecher!

Danach ging es zum Schiff zurück, wieder in den Surfacecage oder aber zum Bottomdive. Dort unten, in ca. 22m Tiefe, umkreisten uns mindestens drei “Weiße” gleichzeitig, einer über 5m lang und einen guten Meter im “Bauchdurchmesser”. Ein Koloß – einfach überwältigend! Andrew hielt die UW-Szenen, meist aus dem Käfig gelehnt, mit seiner Kamera fest, wobei die Käfigtüre (trotz des mitgenommenen ganzen Thuna zum Anlocken) des öfteren offen stehen musste.

Der Tag verging wie im Flug mit zweimal Bottomcage und mehrere Male Surfacecage, Bilder der anderen betrachten, Filme anschauen und Gedanken austauschen; der Abend dann ebenso schnell in heiterer Kartenrunde mit den drei deutschsprechenden Tourteilnehmern. An Bord herrschte unter den Tourteilnehmern immer eine freundschaftliche und lockere Atmosphäre. Dafür, dass jeder Teilnehmer seine Bilder allen Teilnehmer zur Verfügung stellte (was sicher nicht bei jeder Tour geschieht!), ist es zu verdanken, dass jeder Teilnehmer die Heimreise mit einer fast vollen Bilder-DVD antrat.

Pato war ein vorzüglicher Koch und verwöhnte uns mit leckeren Speisen. Für Essen (u.a auch Obst, Chips, Gebäck) und Trinken (Mineralwasser, Limonaden, Kaffe und Tee; abends auch Bier und Rotwein) war immer reichlich gesorgt. Rodney erzählte vorzüglich und auch gerne von seinen Erfahrungen und Erlebnissen, die Crew insgesamt war immer behilflich und kann nur gelobt werden. Leider bekam Andrew in der Nacht starke Schwindelgefühle, die leider dann zum Abbruch der Tour am dritten und letzten Tag führten. Nach stürmischer Überfahrt (ich schätze ca. 4-5m hohe Wellen), bei der über die Hälfte der 14 Teilnehmer öfters die Bordwand oder andere geeignete Plätze aufsuchen mussten, erreichten wir wieder Port Lincoln. Andrew wurde vom Sanka abgeholt, im Krankenhaus behandelt und dann doch noch in die Druckkammer geflogen.

Meines Wissens nach wurde ein ‘vermutliches’ Barotrauma des Innenohres diagnostiziert. Er ist bereits wieder an Bord im Einsatz, allerdings ohne Taucheinsätze. Ich wünsche ihm von hier aus gute Besserung und keine Dauerschädigung und möchte mich noch für die kostenlose Überlassung seines UW-Filmes sowie der Bilder von Rodney (als kleine Entschädigung für den Ausfall des 3. Tourtages) bedanken.

Schlussbetrachtung
Ein – ich hoffe nicht- einmaliges, sicher aber überwältigendes Erlebnis, dessen Eindrücke sehr nachhaltig sind.

Sollten Sie mal nachlassen, dann kann ich auf den von Andrew gedrehten Unterwasserfilm sowie auf die Bilder zurückgreifen.

Obwohl die Tour relativ kostspielig war (Preise sind auf der Homepage einsehbar), bereue ich keine Minute!

Ein herzliches Danke an die gesamte Crew!